Gefährdung von Kindern durch Smartphones

Eltern müssen „WhatsApp“ auf dem Smartphone ihrer Kinder löschen

Werden Kinder von Erwachsenen über "WhatsApp" sexuell belästigt, kann den Eltern gerichtlich auferlegt werden, den Messenger "WhatsApp" im Smartphone der Kinder zu löschen.

Der erwachsene Schulfreund eines alleinerziehenden Vaters nahm von sich aus Kontakt über „WhatsApp“ zu dessen 10 und 15 Jahre alten Töchtern auf und belästigte diese sexuell über diesen Messenger. Die älteste Tochter offenbarte dies ihrer Vertrauenslehrerin nach vielen Monaten, die daraufhin das Jugendamt informierte.

Das Familiengericht sah Anlass auf Überprüfung, ob das Kindeswohl der Töchter gefährdet sein könnte und entschied so:

Das Familiengericht Bad Hersfeld, Entscheidung vom 22. 07. 2016, Az. F 361/16 EASO erteilte gegenüber dem Vater der Töchter die Auflage, jeglichen Kontakt zu diesem Schulfreund zu verhindern bzw. sollte ein Kontakt zufällig zustande kommen, diesen sofort zu unterbinden.

Da die Kontaktaufnahme für den Vater nicht überprüfbar war, gab das Gericht dem Kindesvater weiter auf, die Messenger-App "WhatsApp" von den Smart-Geräten der Kinder zu entfernen und jegliche Messenger-Apps, welche eine zwangsweise automatische Vernetzung des Nutzers mittels der eigenen sowie fremder im Gerät hinterlegter Mobiltelefonnummern zwingend vorsehen oder vorschreiben, von den Smart-Geräten der Kinder fernzuhalten und zwar bis zum 16 Lebensjahr der Töchter.

Darüber hinaus muss der Kindesvater bis zum 16. Lebensjahr der Töchter mit diesen einmal im Monat ein Gespräch über den aktuellen Stand der Nutzung der Smart-Geräte führen und Fragen der Töchter, oder am Gerät aufgetretene Besonderheiten oder Vorfälle mit diesen besprechen.

Jeweils im März, Juni, September und Dezember eines jeden Jahres muss der Kindesvater anlässlich dieser Gespräche zudem das betreffende Gerät jedes Kindes in Augenschein nehmen und bezüglich dort installierter Apps sowie auf eventuell auftretende Ungereimtheiten und etwaige kindes-/jugendgefährdende Inhalte gemeinsam mit dem jeweiligen Kind durchsehen.

Das Gericht ordnete diese umfassenden Maßnahmen und insbesondere die Löschung des Messengers „WhatsApp“ auf dem Smartphone der Kinder an, da dem Schulfreund des Kindesvaters, rein durch Kenntnis der Mobilfunknummer der Kinder verbunden mit der Tatsache, dass diese weiterhin die App "WhatsApp" auf ihrem Mobiltelefon installiert haben, es erneut möglich sein würde, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, dies selbst dann, wenn die Kinder ihn jeweils als Kontakt innerhalb von "WhatsApp" sperren bzw. "blockieren". Sogar wenn ein Kind seine Mobilfunknummer wechselt, kann eine Kontaktaufnahme bei weiterhin installierter App "WhatsApp" gleich wiederum erfolgen, sobald schlicht die neue Nummer durch Nachforschungen dem Verursacher wieder bekannt wird.
Wenn aber eine mögliche Kontaktaufnahme dieser Person mit dem Kind über die auf dem Smartphone des Kindes vorhandenen Apps aus technischen Gründen nicht sicher verhindert werden kann, weil die betreffenden Apps eine Zwangsvernetzungstechnik rein über die Kenntnis der Mobilfunknummer vorsehen (hier: "WhatsApp"), so sind solche Anwendungen von den elektronischen Geräten des Kindes zu entfernen. Dieser abgesicherte Zustand ist durch die Kindeseltern mittels geeigneter Kontrollen der Geräte laufend aufrecht zu erhalten.

Besteht nach gegebenen Vorfällen in der Vergangenheit Anlass zur Sorge um den verantwortungsvollen Umgang des Kindes mit den für es frei zugänglichen elektronischen Geräten und um den hinreichenden Schutz des Kindes vor Belästigung durch Dritte im virtuellen Raum, haben die Eltern mit dem Kind regelmäßig klärende Gespräche zu führen sowie in hinreichenden Abständen gemeinsam mit dem Kind auch Einsicht in dessen elektronische Geräte zu nehmen.

Das Gericht äußerte grundsätzliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der Nutzung der App "WhatsApp" durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Das Gericht empfahl stattdessen die Messenger-Apps "Hoccer" (Details unter www.hoccer.com) "Threema" (Details unter www.threema.ch) oder "Wire" (Details unter www.wire.com).

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