Elternunterhalt: Für Patchwork-Familie gelten andere Regeln

Ein unverheirateter Unterhaltspflichtiger ist einem verheirateten nicht grundsätzlich gleichzustellen

Der Bundesgerichtshof hat am 09. 03. 2016, Az.XII ZB 693/14 eine sehr weitreichende Entscheidung getroffen.

Verhandelt wurde der Fall eines Mannes, der von den Sozialbehörden zur Zahlung der Unterhaltskosten für seinen pflegebedürftigen Vater herangezogen wurde. Der Mann lebte selbst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer Frau, die ihr gemeinsames siebenjähriges Kind betreute und deshalb nicht arbeiten ging.

Das Amtsgericht erkannte die Unterhaltsverpflichtung des Mannes gegenüber seiner nichtehelichen Lebensgefährtin nicht an und verurteilte den Mann zu Unterhaltszahlungen an seinen Vater. Es begründete die Entscheidung damit, dass der Mann sich nicht – wie ein verheirateter Unterhaltsschuldner – auf einen erhöhten Selbstbehalt (Familienselbstbehalt) berufen könne, weil der Mann seiner Lebensgefährtin gegenüber nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei.

Eine Kindesmutter hat gegenüber dem Kindesvater, mit dem sie nicht verheiratet ist, grundsätzlich einen Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des gemeinsamen Kindes. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Soweit die Kindesmutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Kindesvater verpflichtet, ihr auch über diese drei Jahre hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Es war daher die Frage zu beantworten, ob ein unverheirateter Unterhaltspflichtiger mit einem verheirateten gleich zu setzen ist, wenn er tatsächlich eine Familie versorgt.

Das hat der BGH so nicht gesehen: Eine Ehe und eine nichteheliche Lebensgemeinschaft werden mit Recht anders behandelt. Allerdings dürfen unverheiratete Eltern frei wählen, wie sie ihr Familienleben gestalten wollen. Sofern beide Elternteile vereinbaren, dass die Frau noch ein paar Jahre Zuhause bleibt und das gemeinsame Kind betreut, kann dies ein guter Grund für einen weiter bestehenden Unterhaltsanspruch der Kindesmutter darstellen.
Der Anspruch des pflegebedürftigen Vaters ermittelt sich in diesem Fall aus dem Einkommen des Mannes, verringert um die Unterhaltsansprüche der nichtehelichen Lebensgefährtin.

In den meisten Fällen dürfte damit ein Anspruch des pflegebedürftigen Vaters mangels Leistungsfähigkeit entfallen.

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