Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

Vorliegen eines Härtegrundes

Grundsätzlich müssen Eheleute, die geschieden werden wollen, mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor ein Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht werden kann.

Ausnahme hiervon bilden die sogenannten Härtefälle: eine Ehe kann vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden, wenn es für denjenigen, der die Ehescheidung beantragt, aus Gründen, die in der Person des anderen liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde, die Ehe fortzusetzen, § 1565 Abs.2 BGB.

An einen Härtefall sind jedoch strenge Anforderungen gestellt, denn voreilige Scheidungsentschlüsse sollen mit der Einhaltung des Trennungsjahres verhindert werden.
Geht der Ehemann beispielsweise eine neue Partnerschaft ein und tritt mit diesem in der Öffentlichkeit als Paar auf, liegt ein Härtefall nicht vor. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die Art und Weise des Ehebruchs muss besonders verletzend und erniedrigend für den verlassenen Ehepartner sein.

So hat das OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. 09. 2015, UF 76/15, einen Härtegrund in dem Fall bejaht, in dem sich ein Ehemann von seiner unheilbar erkrankten Ehefrau abwandte, sich einer anderen Frau zuwandte und in der Öffentlichkeit mit dieser als Paar auftrat. Das Gericht sah die Ehefrau in einem größeren Maße verletzt, als dies der Fall wäre, wenn sie nicht erkrankt wäre. Der Ehemann plane ein neues Leben, während für die Ehefrau keine Perspektive bestünde, weiterzuleben. Die Ehefrau als unheilbar Kranke ist auf die eheliche Solidarität angewiesen und dürfte sich von ihrem Ehemann verlassen fühlen.

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