Unbegrenzter Unterhaltsanspruch wegen ehebedingtem Nachteil

Arbeitsplatzverlust wegen betriebsbedingter Kündigung kann zum ehebedingten Nachteil führen

Ein Ehegatte, der während der Ehe aufgrund von Kinderbetreuung nur teilweise oder gar nicht gearbeitet hat und nach der Trennung der Eheleute nicht mehr in seinem zu Beginn der Ehe ausgeübten Beruf wieder Fuß fassen kann, hat einen unbegrenzten Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten.

Beispiel: Die F war zu Beginn der Ehe als IT-Fachfrau in einem großen Unternehmen tätig, bei dem sie ein monatliches Einkommen von € 3.000,00 erzielte. Nach der Geburt des Kindes gibt sie ihren Beruf auf und führt eine Hausfrauenehe. 20 Jahre später trennen sich die Eheleute und der F ist es nicht mehr möglich, im Alter von nunmehr 50 Jahren in der IT-Branche tätig zu werden. Sie findet nach langem Suchen lediglich eine Vollzeit-Bürostelle, bei der sie € 1.500,00 verdient. Der ehebedingte Nachteil besteht hier in der Differenz der Vergütung zu Beginn und am Ende der Ehe; beträgt also € 1.5000,00. Diesen Betrag kann die F, sofern der M leistungsfähig ist, unbegrenzt, d.h. bis zu ihrem Renteneintritt verlangen.

Ein sogenannter ehebedingter Nachteil liegt aber nur vor, wenn es dem Ehegatten ohne die ehebedingte Einschränkung möglich gewesen wäre, eine angemessene Berufstätigkeit auszuüben.
Ein Nachteil ist daher nicht ehebedingt, wenn der Erwerbsnachteil nicht aufgrund der Ehegestaltung erfolgte.
Hätte die F ihren Arbeitsplatz aufgegeben oder ihn verloren, weil sie sich beruflich neu orientieren wollte oder weil ihr betriebs- oder krankheitsbedingt gekündigt wurde, wäre dies kein ehebedingter Nachteil und ein Unterhaltsanspruch wäre zu begrenzen.

Immer wenn ein Bezug zur Rollenverteilung vorliegt, wird ein ehebedingter Nachteil bejaht.
Dies ist anzunehmen, wenn ein Ehegatte sich z.B. aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nur in einem beschränkten regionalen Bereich beworben und diese Tätigkeit dann später sogar vollständig aufgegeben hat.
Oder die F hat ihre Arbeitsstelle aufgegeben und in der Nähe ihres Wohnortes eine schlechter bezahlte Stelle angenommen, damit sie die Kinderbetreuung besser gewährleisten kann.
Der BGH (FamRZ 14, 1007) hat in einer Entscheidung der Ehefrau einen unbegrenzten Unterhaltsanspruch wegen ehebedingtem Nachteil zugesprochen, da ihr betriebsbedingt gekündigt wurde und sie sich danach vergeblich im eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr beworben hatte.

In diesem Zusammenhang bringt der Unterhaltsverpflichtete immer wieder das Argument hervor, die Ehefrau habe sich gar nicht richtig um eine neue Stelle bemüht. Für den BGH ist das jedoch kein Argument, denn für ihn zählt nur, wie die Ehe tatsächlich gelebt wurde.

Ehefrauen, die wegen der Kindererziehung mit ihrer Erwerbstätigkeit eine längere Zeit ausgesetzt haben und aufgrund der schnell wandelbaren Berufswelt nach einer längeren Pause ihre Erwerbstätigkeit nicht mehr dort fortsetzen können, wo sie vor der Ehe aufgehört haben, dürfte ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch zustehen.

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